5
Jan
2019

Tagebuchbloggen Januar

Huch, es ist schon wieder der fünfte und die Frau Brüllen will wissen, was wir so gemacht haben.

...

Heute ist Samstag, das heißt ich kann ausschlafen - das ist sehr willkommen, denn die ersten Tage im neuen Job waren sehr (positiv) anstrengend. Gegen drei Uhr wache ich kurz auf, weil sich das Kleinkind (inzwischen hochoffiziell nicht mehr Baby) meldet. Der Mann geht rüber und macht ihm eine Flasche. Leider scheint wieder ein Wachsstumsschub angesagt, so dass er nicht mehr verlässlich 12 Stunden ohne Futterpause durchschläft, wie es die meisten Nächte seit Weihnachten der Fall war. Aber das war natürlich der absolute Luxus, und für das Alter des Kleinkindes sind zwölf Stunden ruhiger Nachtschlaf mit einer Flasche nach 7-8 Stunden auch völlig in Ordnung.

Nach einem kurzen Stop im Bad gehe ich wieder ins Bett. Um halb zehn bin ich endgültig ausgeschlafen und gehe runter. Der Mann spielt mit dem gut gelaunten Kleinkind, dass bis sieben Uhr friedlich geschlafen hat und sich sehr freut, mich zu sehen. Beim Frühstück und Kaffee besprechen wir den geplanten Tagesablauf und den Einkaufszettel. Um elf Uhr mache ich mich auf den Weg, muss zur Post, ein Päckchen abholen, zur Drogerie und Lebensmittel einkaufen. Als ich wiederkomme, macht der Kleine seinen Mittagsschlaf, mein Mann und ich nutzen die Pause und ziehen uns auch ein wenig zurück.

Nach dem Aufwachen ist das Kleinkind ein klein wenig knatschig, ich beschäftige mich mit ihm. Der Mann und ich essen abwechselnd zu Mittag, dann ziehen wir das Kleinkind um und gehen raus. Auf dem benachbarten Dorfplatz machen wir Halt und lassen den Kleinen ein wenig laufen, das bietet sich an weil dort rund um die Spielgeräte diese gummiartigen Platten verlegt sind, so dass er sich wenn er hinplumpst nicht so weh tun kann. Nach anfänglichem Zögern macht unser kleiner Laufschüler nicht mehr nur zögernede Schritte, sondern geht recht zügig von einem Ende zum anderen. Sein wankender Gang mit den seitlich ausgestreckten Ärmchen ist absolut entzückend, er freut sich auch über alle Leute, die vorbeikommen und winkt ihnen zu. Über seine eigenen Fortschritte freut er sich, gluckst fröhlich und klatscht in die Hände. Der Mann und ich freuen sich mit und ich bin in diesen Momenten absolut mit der Welt zufrieden - daran kann auch das fiese Nieselwetter nichts ändern.

Beim Spaziergang reden der Mann und ich noch ein wenig über die verganene Woche - es war einiges los, das Kleinkind hat die Eingewöhnung in der Kita angefangen, ich einen neuen Job. Beides verlief bisher sehr gut, ich merke nur halb amüsiert an, dass ich es schön finden würde, wenn ich nicht jedes Mal wenn ich mich in meiner Tätigkeit endlich sicher und routiniert fühle was Neues anfange. Aber was solls, besser als Langeweile und gegen die neue Firma (richtiges, professionell arbeitendes Unternehmen) sieht mein vorheriger Arbeitsplatz ziemlich alt aus.

Da ich einsehen musste, dass der dresscode in der neuen Firma eleganter zu sein scheint als in der alten und nicht wenige meiner Lieblingsklamotten hoffnungslos abgetragen sind, sichte ich meinen Kleiderschrank und überlege mir gut, mit was ich meine Garderobe sinnvoll ergänzen könnte. Ich beschließe, meine langjährige Regel aufzugeben, kein schwarz oder grau zu tragen und zumindest Stiefeletten und Röcke in schwarz und grau zu erwerben. So fange ich an, einige Onlineshops zu sichten. Von der Auswahl an schwarzen Stiefeletten bin ich völlig erschlagen. Das Kleinkind spielt völlig selbstständig und fröhlich im Wohnzimmer währenddessen ich am Rechner sitze, und kommt sich nur ab und zu eine Knuddeleinheit bei mir abholen.

Um fünf mache ich eine Pause vom Onlineshopping und gehe in die Küche, um das Abendessen zuzubereiten. Ich probiere ein Rezept aus der KptnCook-App aus, für das ich gefühlt die halbe Küche verwüste. Das Ergebnis nach Rezept lässt sehr zu wünschen übrig - der Wirsing mit Mandarine schmeckt eklig, die Rotweinsoße zum Schweinefilet ist viel zu sauer. Der Mann gibt dem Kleinkind um sechs Uhr seinen Haferbrei, während ich unter wüstem Schimpfen versuche, das Essen zu retten. Ein Päckchen Sahne in Wirsinggemüse und Rotweinsoße sowie der Einsatz diverser Gewürze, Zucker und Tomatenmark in letzterer wenden das Blatt so, dass ich es essbar finde. Dennoch bin ich unzufrieden. Der Mann findet die Soße hingegen gut. Zum Essen trinken wir ein Glas Wein und unterhalten uns (wie so oft) darüber, wie unheimlich es uns schon fast ist, dass es mit dem Kleinkind so gut läuft. Er ist nach wie vor ein absoluter Sonnenschein und wir sind uns einig, dass wir im Vorfeld der Familienplanung nicht gedacht hätten, wie viel Glück der Kleine in unser Leben bringt.

Nach dem Essen mache ich weiter im Onlineshopping, der Mann spielt mit dem Kleinkind. Um halb acht bringen wir ihn hoch zum Baden und ins Bett bringen. Das ist auch alles fix erledigt und um acht Uhr schläft der Kleine tief und fest. Ich schließe mein Onlineshopping bei einem weiteren Glas Wein mit einer sehr opulenten Bestellung ab - ich habe mir angewöhnt, wild auf Verdacht zu bestellen was ich gut finden könnte und das, was blöd ist halt zurück zu schicken. Das ist zwar sicher aus mehreren Gründen nachteilig für den Einzelhandel (bei der Ökologie glaube ich noch nicht so wirklich daran), aber zum Analogshopping fehlen mir derzeit einfach die Zeit und die Nerven.

Danach schreibe ich den Blogeintrag und gehe hoffentlich nicht zu spät ins Bett, da ich heute die Nachtschicht mit dem Kleinkind habe, damit mein Mann ausschlafen kann.

Insgesamt ein ruhiger, unaufgeregter, aber sehr glücklicher Tag.

6
Dez
2018

Über Babyschlaf

Es folgt ein weiterer Beitrag aus der Reihe unqualifizierte Elternratschläge.

Über das Thema Babyschlaf gibt es endlose Diskussionen, Szenarien und Ratschläge. Ich will das auch weiter gar nicht kommentieren - letztendlich werden (und sollen!) es alles Eltern genau so machen, wie es für sie und ihr Baby funktioniert. Das kann heißen: Familienbett, Beistellbett/Kinderbett im Elternschlafzimmer, Kind schläft alleine im Kinderzimmer.

Was ich in der bunten Vielfalt ergänzen möchte ist die Strategie, die mein Mann und ich fahren und mit der wir super zurecht kommen, von der ich aber bisher nirgendwo sonst gehört habe. Die sieht so aus, dass unser Kind von Anfang an im eigenen Kinderbett im Kinderzimmer schläft (auch weil es von Anfang an gut und ruhig ohne Körperkontakt geschlafen hat), und dort aber auch ein Erwachsenenbett steht. Wir haben keine Großeltern zur Unterstützung in der Nähe, müssen folglich komplett alleine klar kommen und wollten daher von Anfang an Bedingungen schaffen, in denen Elternschlaf eine hohe Priorität hat.

In den ersten Monaten sah das so aus, dass ich immer wenn das Baby geschlafen hat auch geschlafen habe, und zwar im Kinderzimmer. Mein Mann, der sich neben seiner Erwerbstätigkeit nahezu um den kompletten Haushalt gekümmert hat schlief im Elternschlafzimmer und bekam so nachts immer genug Schlaf - egal wie oft nachts gestillt und gewickelt wurde. Als sich dann langsam ein Rhythmus einspielte, habe ich dann auch schonmal am frühen Abend "vorgeschlafen" - in Ruhe alleine im Elternschlafzimmer, während mein Mann entweder das (wache) Baby bespaßt hat oder das (schlafende) Baby per Babyphone im Auge hatte. Unser Kind schlief tendenziell in der ersten Nachthälfte ruhiger als in der zweiten Nachthälfte, und so bin ich dann wenn mein Mann schlafen ging wieder ins Kinderzimmer umgezogen. Einmal die Woche durfte ich dann komplett im Elternschlafzimmer schlafen, wobei eine Mahlzeit per Flasche mit abgepumpter Milch gegeben wurde und mir mein Mann das Kind zum Stillen ans Bett gebracht hat. Er schlief in meiner "langen Nacht" im Kinderzimmer, damit ich mal ungestört bei geschlossener Tür meine Batterien aufladen konnte.

Übrigens konnte ich in der Zeit wo voll gestillt wurde und ich überwiegend im Kinderzimmer geschlafen habe auch den Effekt bestätigen, dass sich die Schlafrhythmen von mir und dem Baby aufeinander angepasst habe. Oft wurde ich von selber schon halb wach wenn sich der Kleine mit Hunger gemeldet hat, aus dem Tiefschlaf gerissen wurde ich eher selten. Offenbar geht das auch ohne Familienbett und es reicht, wenn man im selbem Zimmer schläft.

Jetzt, wo mein Mann Elternzeit macht und ich wieder arbeite läuft es umgekehrt - er ist bis auf eine Nacht in der Woche in der er ausschlafen und seine Ruhe bei geschlossener Tür haben darf nachts fürs Kind zuständig. Netterweise schläft das Kind aber inzwischen meist bis drei oder vier Uhr nachts ruhig und ohne Weinen durch, so dass mein Mann oft genug die erste Nachthälfte im Elternschlafzimmer verbringen kann, was uns als Paar wieder unseren Raum zu zweit ermöglicht. Hilfsmittel ist hier wieder das Babyphone, wenn sich der Kleine darüber meldet geht mein Mann rüber, füttert eine Flasche, wickelt und legt sich dann im Kinderzimmer schlafen. Das ist auch wiederum deswegen praktisch, weil ich die beiden dann nicht wecke wenn ich gegen 6 Uhr aufstehe um mich für die Arbeit fertig zu machen.

Deswegen erfolgt an dieser Stelle an alle werdenden Eltern der Rat sich zu überlegen, ob sich vielleicht für ein Erwachsenenbett im Kinderzimmer noch Platz findet. Es ermöglicht viel Flexibilität und schafft den Raum dafür, dass wenigstens ein Elternteil ungestört sein kann - was in anstrengenden Phasen sehr viel wert ist.

5
Dez
2018

Tagebuchbloggen Dezember

Es ist der fünfte und Frau Brüllen möchte wieder wissen, was wir denn so gemacht haben.


Ich wache um 4:50 Uhr von selber auf und fühle mich weitgehend ausgeschlafen. Das ist zum einen der Tatsache geschuldet, dass ich am Vortag schon um 21.30 Uhr ins Bett gegangen bin, zum anderen denkt mein Körper offenbar immer noch, ich müsste doch spätestens um diese Uhrzeit das Baby stillen. Das Baby hat sich jedoch vor zwei Wochen selbst abgestillt, und so gehe ich nur kurz ins Bad und leg mich nochmal hin. Um 06:00 Uhr werde ich dann vom Wecker geweckt und stehe auch sofort auf. Leise gehe ich runter in die Küche um Mann, Baby und die zu Besuch weilenden Schwiegereltern nicht zu wecken. Beim Frühstück lasse ich mir mehr Zeit als sonst und gönne mir sogar eine ruhige Tasse Tee - ich habe auf der Arbeit bis zu meinem Ausscheiden noch ein paar Überstunden abzufeiern und muss daher nicht mehr ultrafrüh um Büro sein. Das Schminken spare ich mir wegen aktuer Unlust, und so fahre ich um 6:50 Uhr los. Vorher schleiche ich noch kurz ins Kinderzimmer, wo Mann und Kind selig schlafen und erfreue mich an diesem schönen Bild.

Derzeit gibt es auf der Autobahn keine Baustellen, weswegen die Fahrtzeit momentan mit einer Dauer von ca. 40 Minuten halbwegs erträglich ist. Was die Fahrt auch angenehmer macht ist das neue Auto, das sich sehr komfortabel fährt. Außerdem höre ich unterwegs entweder meine Lieblingsmusik oder ein Hörbuch. Die Strategie, die Zeit im Auto positiv zu reframen und als Zeit nur für mich umzudeuten klappt mal mehr, mal weniger - heute klappt sie sehr gut, denn das Hörbuch, das ich momentan höre gefällt mir sehr ("die große Liebe" von Hans-Josef-Ortheil). Fast bedauere ich, dass ich schon so früh da bin weil ich dann erst nachmittags hören kann, wie die Geschichte weitergehen wird.

Im Büro mache ich mich sofort an die Arbeit, ich habe zugesagt noch einige Projekte fertig zu stellen und gedenke auch, dies zu tun. Zwar könnte ich mir in den letzten 1,5 Wochen auch einfach eine faule Zeit machen, aber zum einen hasse ich es, dumm rumzusitzen ohne was zu arbeiten, zum anderen würde es mir widerstreben, Chaos zu hinterlassen.

Nachdem mein Chef eingetroffen ist besprechen wir eins der fertig zu stellenden Projekte und kriegen uns mehr oder weniger sofort deswegen in die Haare. Ich sehe es nicht ein, für Projektfehler verantwortlich gemacht zu werden, die ich nicht zu verschulden habe und die hauptsächlich an der hier vorherrschenden unkoordinierten Arbeitsweise liegen. Dies versuche ich auch so gut ich kann sachlich darzulegen, werde aber leider ziemlich mit dem Totschlagargument abgebügelt, dass dies nunmal an dem schon das ganz Jahr herrschenden hohen Druck und Kapazitätsengpässen liege. Ich fürchte mein Chef weiß schon unterschwellig, was im Unternehmen schief läuft, weigert sich aber sich das einzugestehen weil die zu ziehenden Konsequenzen unangenehm wären. Mir kann es ja eigentlich egal sein, aber mir will es nicht in den Kopf wie man im eigenen Unternehmen eine Arbeitsweise verteidigen kann, wo keiner weiß, was der andere tut, Infos erstmal eifersüchtig für sich selber behalten werden und der Abteilungsleiter alles, was eine Entscheidung erfordern würde grundsätzlich an die Geschäftsführung weiterreicht. Beflügelt wird das Ganze von einer ausgeprägten Präsenzkultur, wo nicht Ergebnisse zählen, sondern derjenige ein toller Hecht ist, der um 18.00 Uhr noch im Büro sitzt und nie krank (oder gar schwanger) wird.

Etwas später haben wir per Teamviewer eine Softwarevorstellung eines Produktes, das unsere Arbeitweise in Sachen Digitaliserung effizienter machen könnte. Meine Aufgabe war gewesen, mich auf dem Markt umzuschauen und Programme zu vergleichen. Nach der Session diskutieren mein Chef und ich noch über die Vor-und Nachteile der insgesamt drei Programme, die wir uns angeschaut haben. Ich gebe ihm meine Empfehlung ab (wohlwissend, dass er wahrscheinlich wie immer nicht in der Lage sein wird, zeitnah eine Entscheidung zu treffen) und gehe in die Mittagspause. Raus, an die frische Luft, wo ich versuche beim zügigen Spazierengehen meinen Ärger abzulassen und wieder etwas runter zu kommen.

Der Rest des Arbeitstages ist geprägt davon, Dinge abzuschließen, Berichte fertig zu schrieben und mich nicht aufzuregen. Sehnsüchtig denke ich an meine frühere Arbeit in der anderen Niederlassung, in der ich meiner Mitarbeiterin einen Arbeitsauftrag erteilen konnte, ohne dass eine leere Patrone im Drucker ein 10-minütiges Drama ausgelöst hat (und nein, ich bin mir natürlich nicht zu schade, eine leere Patrone zu wechseln, aber es ist einfach ineffizient wenn ich mit meinem Projektleiter-Stundensatz selber Zeugs drucke und Patronen wechsel weil das mit zwei (!) Stellen bestückte Sekretariat selbst dazu nicht in der Lage ist).

Um Punkt 16 Uhr mache ich Feierabend. Auf dem Heimweg bringe ich noch Altglas und Altpapier weg, das ich morgens mitgenommen hatte. Gegen 17 Uhr bin ich zu Hause, wo ich das Baby übernehme, das erst etwas knatschig ist, aber nach dem Verzehr einer großen Portion Haferbrei zum Abendessen wieder umgänglich und fröhlich. Die Schwiegermutter hat gekocht, Gulasch mit Knödeln. Auch tagsüber waren alle fleißig, der Mann hat Fenster geputzt, die Schwiegerelten unseren kleinen Garten fein gemacht. Nachdem wir das Kind um 20 Uhr ins Bett gebracht haben, wagen mein Mann und ich einen Ausflug in die nächste Kneipe. Die Gelegenheiten als Paar alleine auszugehen sind rar gesät und wollen genutzt werden. Leider ruft uns in der Mitte des zweiten Biers der Schwiegerpapa an, Baby ist aufgewacht und lässt sich nicht beruhigen. Im Laufschritt eilen wir nach Hause - wo das Baby inzwischen doch schon wieder eingeschlafen ist. Es wälzt sich allerdings ein bisschen unruhig, als nehme ich es aus dem Bett und trage und wiege es noch ein wenig. Offenbar begreift es im Schlaf, dass seine Mama nicht endgültig abgehauen ist, denn es seufzt ein, zweimal tief, atmet dann ganz ruhig und schläft friedlich und tief weiter.

Um 22 Uhr gehe ich selber ins Bett und schlaf auch sofort ein.

26
Okt
2018

Das Beste fürs Kind

Ich muss mal wieder was zum Thema Elternsein loswerden.

Viele Pro- und Contradebatten kreisen im Grunde darum, was das Beste fürs Kind ist. Stillen oder Flasche, die Art der Geburt, wo schläft das Kind, wie wird das Kind ernährt, Stoffwindeln oder Einwegwindeln, bedürfnisorientierte oder autoritative Erziehung und vieles mehr. Eltern haben den Eindruck, es nicht richtig machen zu können und quälen sich womöglich mit einem dauerschlechten Gewissen. Andere reagieren auf den Druck dadurch, ihre Entscheidung mit objektiven Argumenten, Studien etc. verteidigen zu wollen.

Ich begebe mich jetzt auf dünnes Eis und nehme das Stillen als Beispiel. Vorweg: Ich persönlich konnte sofort und absolut unproblematisch stillen, habe 5 Monate voll gestillt und stille meinen 10 Monate alten Sohn immer noch abends und in der Nacht. Anfangs fand ich es körperlich anstrengend, hatte aber genug Unterstützung durch meinen Partner so dass ich recht gut zurecht kam. Inzwischen ist das Stillen für mich sogar vorrangig schön und innig und ich genieße diese intime Zeit mit meinem Kind sehr.

Es gibt ja unzählige Studien über die Vorteile des Stillens, Studien die das wieder relativieren und sagen, die Vorteile wären doch nicht so groß wie anfangs gedacht, die Datenlage ist also nicht eindeutig, aber die Tendenz geht dazu zu sagen: Stillen ist das Beste.

Und so machen sich viele Schwangere schon im Vorfeld Druck, es wird teils schon in den Krankenhäusern krasser Druck ausgeübt, man hört das Mantra "Stillen ist das Beste" unaufhörlich - ich kenne persönlich zwei Fälle, in denen Müttern, bei denen das Stillen nicht klappen wollte, im Krankenhaus sogar das Fläschchen fürs Kind verweigert wurde. Es wird teilweise schon vor dem vorsorglichen Kauf von Säuglingsnahrung und Fläschchen in der Schwangerschaft abgeraten weil man sich dann keine Mühe mehr gäbe zu stillen.

Ich selber glaube übrigens tatsächlich, dass Muttermilch passgenau aufs Kind abgestimmt ist und damit die beste Ernährung für ein Baby ist.

Aber: Manchmal ist das Beste für das Kind einfach nicht verfügbar. Aus ganz vielfältigen Gründen. Egal ob sich die Mutter nicht wohl damit fühlt, egal ob einfach keine Milch da ist, egal ob die Mutter dadurch so erschöpft ist dass sie es nicht packt. Wichtig ist, dass mit Flaschenmilch eine Option bereitsteht, auf die man guten Gewissens zurückgreifen kann. Schon theoretisch möglich, dass das Kind vielleicht dann ein im Vergleich erhöhtes Allergierisiko hat. Schon möglich, dass es vielleicht mal eine Erkältung mehr hat als ein gestilltes Kind. Bewiesen ist es nicht.

Worauf ich aber hinauswill: Es ist als Eltern nicht möglich, stets und immer das "Beste" fürs Kind zu tun. Oft, weil es die Umstände nicht hergeben, oft weil wir an unsere persönlichen Grenzen stoßen, oft auch weil wir im Gesamtbild auch unsere Zwänge und Bedürfnisse beachten müssen und das Kind zurückstecken muss - die Gründe sind vielfältig.

Wir können und werden es nie perfekt machen. Anstatt uns selber oder gegenseitig dafür zu geißeln, wäre es an der Zeit, unsere Unperfektheit hinzunehmen. Denn Kinder sind stärker und robuster als wir denken mögen. Es hilft einem Baby, dessen Mutter keine Milch hat nicht, wenn sich die Mutter deswegen schlecht fühlt und von ihrem Umfeld ständig unter die Nase gerieben bekommt "Aber Stillen ist das Beste!". Ein hungriges Baby will vor allem eins: Dass sein Hunger gestillt wird.

Es muss nicht immer das Beste sein. Das Zweit- oder Drittbeste wird in den allermeisten Fällen auch gut genug sein. Und unsere Kinder kommen sehr gut auch damit zurecht, wenn das Gesamtbild passt. Also lasst uns endlich diese unsinnigen Debatten darüber beenden. Lasst uns das gegenseitige Urteilen, Verurteilen und Vergleichen beenden. Lasst uns stattdessen als Eltern zusammenhalten, uns gegenseitig unterstützen und unsere oft begrenzte Energie nicht über Debatten über das vermeintlich Beste verschwenden. Wir müssen es alle aushalten, dass das Beste nicht immer erreichbar ist. Und das sollte auch für alle anderen okay sein.

(Übrigens noch eine Stillgeschichte als Nachtrag: Eine Freundin, noch schwanger, fragte mich und eine andere frischgebackene Mutter aus, wie es denn so sei mit dem Stillen. Wir haben ehrlich berichtet und sie rückte dann damit heraus, dass sie skeptisch ist weil sie sich schwer mit dem Gedanken anfreunden kann und es irgendwie seltsam findet, dass sie mit ihrer Brust ihr Baby füttern soll. Daraufhin lachten wir und meinten, dass wir das in der Tat auch irgendwie abgefahren finden. Sie schien erst erleichtert dass sie mit dem Gedanken nicht allein ist, dann aber bedrückt, denn Stillen ist doch das Beste und was sie denn jetzt tun solle. Wir haben ihr geraten, sich keinen Stress zu machen und einfach mal zu gucken wie sie es empfindet wenn das Baby da ist, es auszuprobieren und dem Kind Flaschenmilch zu geben wenn sie sich mit dem Stillen nicht anfreunden kann. Bei unserem Wochenbettbesuch fanden wir dann eine glückliche Mama mit Kind an der Brust vor die sich bei uns bedankt hat und meinte "Ihr wart die einzigen, die mir kein schlechtes Gewissen gemacht haben weil ich den Gedanken komisch fand. Ich glaube wenn Ihr mir nicht im Voraus quasi die Absolution erteilt hättet nicht zu stillen wenn ich es nicht will hat mich überhaupt dazu gebracht es probieren zu wollen. Und ich glaube auch wenn ich nicht so entspannt gewesen wäre und im Hinterkopf gehabt hätte dass ich es nicht muss und auch die Flasche geben kann hätte es auch nicht so gut mit dem Stillen geklappt." Inzwischen ist das Baby ein paar Monate alt und wird die meiste Zeit immer noch gestillt, die Mama findet es ab und zu immer noch irgendwie lustig, macht es aber gerne. Und wenn sie mal ne Pause und etwas Zeit für sich braucht oder eine Nacht alleine schlafen will übernimmt der Kindsvater und füttert abgepumpte Milch. Alles ohne Druck und schlechtes Gewissen.)

9
Sep
2018

Was man wirklich fürs Baby braucht

Da mir häufiger Beiträge dieser Art begegnen, gebe ich auch mal meine Erfahrungen zum Besten. Man liest ja oft, dass dieses oder jenes unbedingt notwendig sei und anderes absolute Geldverschwendung - damit dann darüber z.B. in den Kommentaren Glaubenskriege geführt werden können. Hier also ein Service-Elternbeitrag zum Thema:

Was brauche ich denn nun wirklich für mein Baby?

Ich fasse es mal einfach zusammen:

Man weiß es einfach vorher nicht.

Ja, ganz genau. Man weiß nicht wie das Baby ticken wird und was es brauchen wird. So wird es vorkommen, dass man Zeug kauft, das man nicht braucht und auch, dass man später Sachen nachkaufen muss von denen man dachte, dass man sie nicht braucht. Oder man kriegt Sachen geschenkt, die man für überflüssig hält, dann aber doch benutzt. Wenn man das im Vorfeld akzeptiert, möge das vielleicht helfen, etwas entspannter zu sein.

Beispiele aus unserer Erfahrung: Wir haben zwei Babytragen vermacht bekommen, die wir beide kaum benutzt haben. Unser Baby mag bis heute nicht wirklich getragen werden (ja, wirklich, man möge es nicht glauben, aber es gibt wirklich Babys, die beim Schlafen keinen Körperkontakt wünschen, unseres war von Anfang an so), eigentlich nur wenn es getröstet werden möchte weil es sich weh getan hat oder kurz nachts wenn es schlecht geträumt hat. Im Kinderwagen fühlt es sich seit dem ersten Tag wohl und schläft da auch wunderbar drin. Die Tragen liegen unbenutzt herum und ich bin froh, dass ich selber keine Unsummen dafür ausgegeben habe.

Dann war da noch das Stillkissen - das taucht auf jeder Liste auf, es wurde überall empfohlen, also habe ich eins gekauft. Gestillt habe ich damit nie, weil ich das einfach zu fummelig fand. Am Anfang habe ich sehr gerne im Stehen gestillt weil ich wegen eines schlecht heilenden Dammschnitts nicht gut sitzen konnte, dann später liegend, sitzend, egal wo - aber nie mit Kissen.

Von einem Bandkollegen haben wir sehr hübsche gestrickte Babyschuhe geschenkt bekommen. Darüber habe ich mich erst sogar geärgert, weil ich die für unpraktischen Unsinn hielt. Welches Baby braucht schon Schuhe? Es stellte sich heraus, dass unser Baby als Neugeborenes notorische Eisfüße hatte und tatsächlich die Schühchen schön warm hielten und auch durch die Schnürung anders als Socken an den Füßen blieben. Ich glaube das Baby hat in den ersten sechs Wochen seines Lebens diese Schühchen fast permanent angehabt.

Was wir hingegen gekauft haben, obwohl oft davon abgeraten wird, weil es heißt das sei überflüssig, ist ein geruchsdichter Windeleimer.

Wir lieben diesen Windeleimer. Wir lieben diesen Windeleimer so sehr, dass wir den sogar mitnehmen wenn wir mit dem Baby verreisen. Uns ist scheißegal, dass die Kassetten ziemlich teuer sind. Das Ding steht im Kinderzimmer neben dem Wickeltisch, es verschwindet sämtliches Kinderkacka-behaftetes Zeugs sofort darin, aus den Augen, aus den Sinnen, man riecht nix mehr, ich muss nichts direkt nach draußen in die Mülltonne bringen - für uns absolut fantastisch. Für andere Leute hingegen sicherlich totaler Quatsch.

Ja toll, denken die panischen werdenden Eltern nun, wie soll mir das denn weiterhelfen?

Ich kann nur appelieren, den gesunden Menschenverstand walten zu lassen und zu bedenken, wie man selber tickt. So habe ich obwohl ich schon im Vorfeld wusste, dass ich stillen möchte dennoch zwei Fläschchen und Sauger sowie eine Packung trinkfertige Prenahrung besorgt. Einfach, um beruhigt zu sein, dass ich falls was mit dem Stillen nicht klappt und es dann womöglich Sonntag Nacht ist und das Baby vor Hunger schreit etwas da habe. Dazu muss man wissen, dass wir hier sehr ländlich wohnen und eine Notfallapotheke durchaus eine halbe Autostunde entfernt sein kann wenn man Pech hat. Würde ich z.B. in Berlin Mitte wohnen, hätte ich mir das wahrscheinlich geschenkt weil man dort wahrscheinlich näher an einer Notfallapotheke ist bzw. es sicher von vorneherein welche gibt, die immer aufhaben. Benutzt habe ich die Flaschen übrigens später tatsächlich, aber um gelegentlich abgepumpte Milch zu verfüttern wenn ich mal einen Abend das Haus verlassen habe.

Genauso war für meinen Mann und mich klar, dass wir einen geländefähigen Kinderwagen möchten, weil wir nah am Wald wohnen und dort gerne spazieren gehen. Kinderwägen haben eine lange Lieferzeit, die muss man vorher bestellen. Wäre unser Baby doch ein Tragebaby gewesen, hätten wir in dem Falle halt Pech gehabt und viel Geld vergeblich ausgegeben.

Solche Risiken muss man eben eingehen. Aber die allermeisten Sachen lassen sich zum Glück entweder weiterverkaufen, anders verwenden (das Baby benutzt das Stillkissen inzwischen gerne um drüber zu klettern) oder schnell kaufen, falls man sie benötigt.

Also macht Euch locker und akzeptiert von vorne herein, dass Ihr es nicht perfekt machen könnt. Informiert Euch in Ruhe und trefft dann Eure Entscheidungen. Haltet Euch nicht sklavisch an Listen, sondern überlegt für Euch selber. Meist werdet Ihr damit richtig liegen. Manchmal auch nicht - und das ist auch ok.

5
Sep
2018

Tagebuchbloggen September

Es ist der fünfte und die Frau Brüllen will wieder wissen, was wir so gemacht haben.

04:00 Uhr: Der Mann weckt mich, das Baby hat Hunger. Ich gehe ins Kinderzimmer, stille es und lege mich dann wieder hin. Obwohl ich mich schon ziemlich ausgeschlafen fühle weil ich gestern Abend schon um 21 Uhr im Reich der Träume weilte schlafe ich nochmal kurz ein, bis um viertel nach fünf der Wecker klingelt. Ich stehe auf und schmunzele beim Frühstück darüber, dass ich überhaupt kein Problem mit der eigentlich brutal frühen Uhrzeit habe obwohl ich früher eine Nachteule war. Die Rhythmusverschiebung ist dem Baby geschuldet.

06:15 Uhr: Ich fahre los ins Büro. Der Mann, das Baby und die zu Besuch weilenden Schwiegereltern schlafen noch. Mein Arbeitgeber hat mich zu meinem großen Unmut an einen anderen Standort versetzt. Früher konnte ich mit dem Rad zur Arbeit fahren oder schnell mit dem Auto in unter zehn Minuten. Jetzt habe ich über 40 km einfache Fahrt. Die Straßen auf der sonst notorisch verstopften Strecke sind weil es noch so früh ist recht frei, ich muss nur kurz an einer Baustelle wo auf eine Spur verengt wird warten. Dennoch brauche ich über 40 Minuten, bis ich auf der Arbeit bin. Während der Fahrt höre ich ein Hörbuch, das hilft mir, mich nicht mehr ganz so übel über den Verkehr zu ärgern wie noch gestern und vorgestern.

12:00 Uhr: Mittagspause. Obwohl ich nach einem Jahr Pause erst wieder den dritten Tag arbeite, habe ich mich mental sofort wieder eingefunden und den Vormittag damit verbracht, mit Hochdruck die Entwässerung eines neuen Gewerbegebiets zu planen, die nächste Woche fertig sein soll. Die Arbeit an sich macht wie früher Spaß, aber die Fahrsituation und das Arbeitsklima am anderen Standort sind für mich inakzeptabel. Erschwerend kommt hinzu, dass die Chefetage sich nicht einig ist, ob man mir flexiblere Arbeitszeiten und die Möglichkeit, an 2 Tagen in der Woche von zu Hause aus zu arbeiten einräumen will. Das Gespräch diesbezüglich von letzter Woche eskalierte ziemlich und führte mehr oder weniger dazu, dass mein direkter Chef sich für den anderen Chef entschuldigt hat und wohl Sorge hatte, ob ich überhaupt auftauchen würde. Er will mir mehr Flexibilität ermöglichen, hat aber in dem Unternehmen leider nicht das letzte Wort. Es bleibt spannend, wir müssen dass in den nächsten Wochen lösen - noch ist die lange Fahrtzeit "nur" Verlust meiner persönlichen Freizeit. Aber ab März, wenn die Elternzeit meines Mannes endet wird es mir nicht möglich sein, an diesem Standort Vollzeit zu arbeiten weil das mit der Betreuung unseres Kindes nicht bzw. nur unter vorprogrammierten Megastress hinhauen wird.

Ich vermisse mein altes Büro, auch meine KollegInnen vom anderen Standort. Folglich suche ich aktuell nach einer neuen Stelle, war auch schon zu einem vielversprechendem Gespräch bei einer Firma, die viel näher liegt und mir gut gefallen hätte. Leider bekam ich gestern eine Absage, man hat sich für einen anderen Bewerber entscheiden. Immerhin möchte man meine Daten behalten und vielleicht in ein paar Montaen nochmal auf mich zukommen.

Um mich von meiner schlechten Laune abzulenken, mache ich in der Mittagspause einen strammen Spaziergang.

16:00 Uhr: Ich fahre nach Hause. Wieder habe ich etwas mehr Glück mit der Fahrt und bin nach 45 Minuten und einigen weiteren Kapiteln Hörbuch da. Dort finde ich den Mann im Vorgarten vor, der die Holzbalken vom Wintergarten abschleift. Das Baby spielt drinnen fröhlich mit den Schwiegereltern, freut sich mich zu sehen, lässt sich auch kurz auf den Arm nehmen. Nach 2 Minuten kuscheln wird mir signalisiert, dass es ja schön ist, dass ich wieder da sei, aber man jetzt bitte wieder wichtige Babysachen auf dem Boden zu erledigen hat. Ich freue mich einerseits, dass der Wechsel der Hauptbezugsperson so gut geklappt hat und dass auch nach drei Tagen die Schwiegerelten inzwischen gut akzeptiert werden, bin aber andererseits etwas beleidgt dass mich das Baby offenbar nicht wirklich vermisst hat. Ich ziehe mich um, nehme den Kleinen mit nach unten und spiele mit ihm. Der große Renner sind nach wie vor Singspiele, das macht dem Kleinen solche Freude dass ich unmöglich weiter schlechte Laune haben kann. Zwischendurch bereite ich das Abendessen zu, es gibt als schnelles Essen Tortellini in Tomatensauce mit Käse überbacken.

18:00 Uhr: Gemeinsames Abendessen. Das Baby sitzt im Hochstuhl mit am Tisch, kriegt Haferbrei und bleibt auch als es fertig ist während wir essen einigermaßen ruhig wenn wir ihm etwas zu spielen geben. Nach dem Essen setze ich mich zu ihm auf dem Boden, gucke ihm beim Spielen, hochziehen, rumkrabbeln zu, mache Blödsinn mit ihm und trage ich gefühlt 100 mal aus gefährlichen Ecken weg. Interessanterweise kann ich nach einem Tag im Büro die Zeit abends mit dem Kind viel mehr genießen als zu meiner Elternzeit, wo ich den ganzen Tag mit ihm zu Hause war.

19:00 Uhr: Das Baby gähnt, reibt sich die Augen und wird vom Mann und mir ins Bett gebracht. 20 Minuten später ist es nach dem üblichen Abendritual - also wickeln, umziehen, Liedchen vorsingen und stillen - schon eingeschlafen. Ich setze mich wieder nach unten, trinke mit den Schwiegerelten und dem Mann noch ein halbes Glas Wein und schreibe diesen Blogeintrag. Nachher will ich noch ein kurzes Workout machen bevor ich spätestens um halb zehn ins Bett gehe.

24
Aug
2018

Kinderfreie Räume

Viel ist schon dazu gesagt worden, anlässlich des Rügener Restaurantbetreibers, der nach 17 Uhr keine Kinder mehr reinlässt. Ich hatte recht lange keine Meinung dazu, bis ich von einigen Eltern die Schilderungen alltäglicher Situationen las, in denen man sich immer latent unwohl und angespannt gefühlt hat aus der Sorge, die Kinder könnten irgendwen stören.

Mir ist dann auch so eine Situation eingefallen. Im Urlaub machten wir eine Wanderung mit dem 6 Monate alten Baby im Kinderwagen und kehrten zum Mittagessen in ein Restaurant ein. Das Restaurant war angegliedert an ein höherpreisiges Wellnesshotel, und der erste missbilligende Blick traf uns schon von der Rezeptionistin, als wir reingingen. Um bloß niemanden zu stören setzten wir uns auf die komplett leere Außenterrasse in eine ruhige Ecke. Der Kellner, der unsere Bestellung aufnahm war freundlich, warf einen interessierten Blick in den Kinderwagen, grinste das Baby an, das zurück grinste. Das war dort dann auch die einzige freundliche Interaktion.

Als wir bestellt hatten, kam eine Gruppe von Businesskaspern, die bei Wein zum Mittagessen ziemlich laut businesskasperten. An dieser Stelle muss ich erwähnen, dass ich an sich nichts gegen Businesskasper habe, bin ich außerhalb des Urlaubs im Erwerbsleben ja auch eine hart arbeitende Businesskasperin.

Von da aus trafen uns dann auch regelmäßig missbilligende Blicke, die sich in sehr spöttisch hochgezogene Augenbrauen und dezentes Kopfschütteln verwandelten, als ich das Baby gestillt habe. Fürs Protokoll: das Baby war bis auf leises Glucksen und leises Quäken, als es Hunger bekam superleise, der Nebentisch war deutlich lauter. Beim Stillen saß ich zu der Gruppe mit dem Rücken, hatte ein großes Spucktuch umgebunden und es war absolut null komma gar nichts zu sehen. Wahrscheinlich haben nur die Anwesenheit meines Mannes, der irgendwann böse zurück geguckt hat sowie mein chronic resting bitch face verhindert, dass ein doofer Spruch gelassen wurde.

Es war deutlich, dass die Gruppe am Nebentisch absolut der Meinung war, eine größere Daseinsberechtigung zu haben als wir. Dass die bloße Anwesenheit eines Babys ein Störfaktor ist. Und worüber ich mich im Nachhinein am meisten ärgere ist, dass ich begonnen habe mich zu stressen und Angst hatte, mein Baby könnte ja jemanden stören. Dass ich das selber so internalisiert habe, dass ich der Meinung bin, dass eine Gruppe von Businesskasparn, die selber ziemlich laut sind und überdies auch innen im Restaurant hätten Platz nehmen können irgendwie wichtiger ist als wir. Dass wir diejenigen seien, die Rücksicht zu nehmen hätten. Dass es eigentlich nicht ok ist, in einer stark touristisch geprägten Region mit einem Baby im Schlepptau in einem schöneren Restaurant entspannt zu Mittag essen zu wollen.

Ich denke das ist es, was die meisten Eltern auch so zu Recht ärgert.

Regt man sich über manspreader in der U-Bahn auf, erhält man allerlei Rechtfertigungen warum die Klöten von Männern so überaus viel Platz benötigen. Geht es um Babys in der Öffentlichkeit, wird hingegen direkt auf störendes Schreien, riesige Muttermilchbrüste die auf den Tisch gepackt werden und aus denen das Baby dann mit ekligem Schmatzen trinkt hingewiesen. Und das kanns irgendwie echt nicht sein, oder?!

In diesem Sinne: Kinder haben das gleiche Recht, öffentliche Räume einzunehmen wir jede/r andere auch. Und diese Selbstverständlichkeit sollte endlich in allen Köpfen ankommen.

5
Aug
2018

Tagebuchbloggen August

Da ich schon seit Jahren unheimlich gerne Tagebuchblogger lese, versuche ich mich auch daran, in der Hoffnung, dass es vielleicht jemanden erfreut.

Mehr Einträge gibt es bei Frau Brüllen (wobei ich eh davon ausgehe, dass Sie von ihrer Liste hier hergefunden haben).

...

00:30 Uhr: der Mann steht mit dem Baby auf dem Arm in der Tür, Hungeralarm. Ich gehe rüber ins Kinderzimmer, stille das Baby und wunder mich, dass es so wach ist - das ist in der Nacht sonst nicht der Fall. Verständlicherweise ist der Mann, der heute Nacht zuständig ist, nicht erbaut darüber, ich zucke nur mit dem Schultern, gehe rüber ins Schlafzimmer und leg mich wieder hin. Solange ich in Elternzeit bin, kümmer ich mich nachts ums Kind - bis auf die Nacht von Samstag auf Sonntag, die ist dazu gedacht, dass ich um meine Batterien aufladen zu können in Ruhe schlafen darf und maximal ein Mal zum Stillen geweckt werde.

08:15 Uhr: Ich wache auf und fühle mich bombig. Ausgeschlafen und fit. Um mich herum herrscht Stille. Ich schleiche ins Kinderzimmer, sowohl der Mann als auch das Baby schlafen tief und fest. Der Anblick rührt mich wie so oft zutiefst und eine Welle von Flauschgefühlen überschwemmt mich. Das sagt einem ja auch keiner vorher, dass Elternsein mit so einer unfassbaren Menge schierer Liebe einhergeht. Draußen sind es jetzt schon 19° Grad, also beschließe ich, die Gelegenheit zu nutzen und laufen zu gehen. Ich fische den eigentlich schon nicht mehr tragbaren Sport-BH aus der Wäschetonne und ziehe mich an. Dabei stelle ich fest, dass meine GPS-Uhr leer ist. Allerdings lasse ich mich davon nicht stören, und so geht es mit Element of Crime auf den Ohren los.

09:00 Uhr: Ich komme vom Laufen zurück. Unterwegs bin ich gefühlt dem halben Dorf begegnet, aber dank der Kopfhörer respektiert jeder meinen Wunsch nach Ungestörtheit und so reicht ein kurzes Nicken zur Begrüßung aus. Obwohl Element of Crime sowieso und das Album "Die schönen Rosen" insbesondere so ziemlich das Gegenteil von fröhlich und aufbauend sind, könnte meine Laune nicht besser sein. Die beiden Dornröschen liegen immer noch im Tiefschlaf, also bin ich leise und ziehe mich mit Orangensaft und Cappuccino auf die Terrasse zurück. Ich logge mich in mein Blog ein, versuche rauszufinden ob ich wenn ich es wieder aktiviere so ein Datenschutzverordnungs-Klicksdingsi brauche oder nicht, kann die Frage nicht klären und beschließe, es einfach erstmal drauf ankommen zu lassen. Wird mich schon niemand abmahnen.

09:40 Uhr: Der Mann kommt mit dem Baby runter. Mir wird berichtet, dass die Nacht ziemlich schlecht war, wahrscheinlich weil es zu warm war. Das Baby ist zwischendurch knatschig gewesen und musste vom Mann mit Schnuller und Tragen beruhigt werden. Es war um fünf Uhr endgültig wach, allerdings wollte es um halb acht wieder schlafen, woraufhin sich der Mann ebenfalls wieder hingelegt hat. Der zweistündige tiefe, ungestörte Schlaf hat den beiden dann auch die Laune gerettet und so lachen mich zwei braune Augenpaare freudig an. Ich habe von dem nächtlichen Tumult nichts mitbekommen. So viel dazu, dass Mütter es angeblich immer hören wenn ihre Babys nachts weinen - ich höre mit Ohrstöpseln und durch zwei geschlossene Türen gar nichts.

Der Mann füttert das Baby und macht Frühstück mit Aufbackbrötchen, wir essen auf der noch angenehm temperierten Terrasse. Das Baby stecken wir solange in das leere Planschbecken mit etwas Spielzeug. Tatsächlich beschäftigt es sich dort eine Viertelstunde bevor es anfängt, über den Rand klettern und ausbüxen zu wollen.

10:30 Uhr: Der Mann schlägt vor, mit dem Baby einen Spaziergang im Wald zu machen bevor es dafür zu heiß wird. Ich verschiebe das Duschen und so gehen wir sofort los, das Baby wird vom Mann im Baby Björn mit dem Kopf nach vorne getragen damit es was sehen kann. Das kommt sehr gut an und es lacht und grinst den ganzen Spaziergang, bis ihm gegen Ende die Augen zufallen und es noch ein Mininickerchen einlegt. Ich hatte ja so meine Zweifel und finde auch, dass der Kleine darin nicht sehr ergonomisch sitzt, aber die Ergobabytrage, die wir auch besitzen lässt keine Sitzposition nach vorne zu. Für die 40 Minuten, die wir unterwegs waren wird es schon okay gewesen sein. Der "Spaziergang" ähnelte übrigens eher einem kleinem Marsch, die meiste Zeit flott bergauf und ich spüre, dass ich vorher schon laufen war. Eigentlich müsste ich nach 13,5 Jahren Beziehung wissen, dass ein "Spaziergang" mit meinem Mann immer in Anstrengung ausartet, aber es erwischt mich dennoch ständig. Unterwegs fragen wir uns, ob womöglich bei unseren Nachbarn deren Sohn mit Frau und frischem Baby zu Besuch ist, weil ein Auto mit dem Kennzeichen der Großstadt, in der sie wohnen vor der Tür steht. Die Nachbarin hatte mir erzählt, dass es ihrer Schwiegertochter nach der Geburt nicht so gut ging und wir vermuten, dass die aufs kühlere Land geflüchtet sind. Der Mann und ich würden unheimlich gerne beide das Baby gucken gehen und wir fragen uns, wie wir das ganz unauffällig bewerkstelligen könnten. Ein ganz zufälliges Vorbeischlendern bringt leider nicht den gewünschten Erfolg. Der Mann schlägt vor, dass ich der Nachbarin unter einem Vorwand whatsappen könnte, was ich allerdings ablehne da ich vermute, dass es der Schwiegertochter nicht gut geht und diese ihre Ruhe haben möchte.

12:00 Uhr: Wir sind zurück, ich gehe endlich unter die Dusche. Danach lasse ich die Waschmaschine laufen. Unten spielt der Mann mit dem Baby, ich geselle mich dazu. Sehr beliebt sind die Spiele "auf den Papa klettern und ihm an Bart und Nase ziehen" sowie "Mama zaubert sich mit dem Spucktuch weg und erscheint dann wieder" und "wir kuscheln alle drei miteinander". Fröhliches Babygelächter erfüllt den Raum und wieder wird mir ganz warm ums Mutterherz. Auch der Mann freut sich. Zwischendurch stille ich.

14:00 Uhr: Das Baby ist unübersehbar müde, gähnt und fällt beim Spielen mehrmals um. Der Mann kann es mit einem Liedchen und umhertragen davon überzeugen, dass ein Schläfchen eine gute Idee wäre und legt es in sein Bettchen. Wir nutzen die Pause ebenfalls und ziehen uns ins Schlafzimmer zurück.

15:00 Uhr: Der Mann geht runter, macht die Spülmaschine leer und räumt in der Küche auf. Wir essen zusammen zu Mittag, ich hole Wäsche rein und hänge die fertig gelaufene draußen auf. Dabei merke ich, wie unterträglich heiß es mittlerweile ist.

15.30 Uhr: Das Baby wacht auf. Ich setze es in seinen Hochstuhl und wage ein Experiment: Es bekommt das erste Mal Fingerfood. Der angebotene Babyzwieback wird ausdauernd angelutscht, in Nanoteilchen zerlegt und ca. zur Hälfte gegessen, die gekochte Kartoffel verschmäht und wieder ausgespuckt. Die weich gedünsteten Möhrensticks kommen hingegen ganz gut an, er greift sie sich in der Faust und knabbert sie weg. Da er allerdings in 30 Minuten nur einen halben Keks und drei Möhrensticks schafft (was für das erste Mal wahrscheinlich ganz gut ist) ist er dann doch frustriert weil noch sehr hungrig und er bekommt noch etwas Gemüserisottobrei sowie Obstbrei. Ich bin danach schweißgebadet weil ich ständig befürchtet habe, das Baby könnte am Fingerfood ersticken und stolz auf mich, dass ich es dennoch ganz ruhig habe ausprobieren lassen. In der Zwischenzeit putzt der Mann oben das Badezimmer.

16:00 Uhr: Im Haus wird es langsam leider ziemlich warm. Unsere Wärmepumpe läuft zwar schon im umgekehrten Modus und beschickt die Fußbodenheizung mit kühlen Wasser, allerdings arbeitet hier die Physik gegen uns, da kalte Luft bekanntlich nicht von selber nach oben steigt, so dass sich eine Schichtung einstellt. Deswegen fahre ich in mein Büro, wo ich unseren uralten Ventilator vermute. Ich finde ihn tatsächlich, er funktioniert auch noch und wird im Kinderzimmer aufgestellt. Im Auto höre ich aus lauter Trotz das Weihnachtsalbum aus AllyMcBeal. Zurückgekehrt setze ich mich an den Rechner und fange den Blogeintrag an, der Mann bespaßt das Baby, das auf die Temperaturen offenbar auch so langsam keinen Bock mehr hat und teils ein bisschen knatschig wird. Ich berichte, dass bei den Nachbarn jetzt noch ein weiteres Auto steht, allerdings mit hiesigem Kennzeichen. Wir überlegen, wem es wohl gehören könnte.

17:45 Uhr: Ich gehe nach oben und übe ein wenig Saxophon. Anfang September spielen wir einen Gig und ich muss unbedingt meinen Ansatz wieder in eine bessere Form bringen. Allerdings ist es mit dem Baby sehr schwierig, zu üben. Der Ventilator scheint etwas zu helfen, im Kinderzimmer sind es 26°C.

18:20 Uhr: Ich bin fertig mit Üben. Meine Sorge, dass ich mich im September blamieren könnte ist wieder etwas gemindert. Unten sitzen der Mann und das Baby in der Küche und der Kleine bekommt seinen Abendbrei. Ich bereite unser Abendessen zu, muss nur die Koteletts, die ich gestern für zwei Tage gemacht habe aufwärmen. Dazu gibt es Salat und Baguette.

18:50 Uhr: Wir bringen das Baby hoch, das ausführlich gähnt und vor lauter Müdigkeit umfällt. So zumindest die Theorie, denn nach dem Abendritual, also wickeln, umziehen, Liedchen vorsingen und stillen kann es nicht in den Schlaf finden. Es liegt erst ruhig da und ich denke, ich hätte es geschafft, bis es sich dann wieder hochstemmt, von der einen Seite auf die andere dreht, hinsetzt, im Bett rumkrabbelt... dabei fällt immer wieder der Kopf auf die Matraze. Wie so oft abends. Die gängigen Schlafratgeber widersprechen sich, der eine meint das heißt das Kind sei noch nicht müde genug, im anderen wird nahegelegt dass es ein Anzeichen dafür wäre, dass das Kind schon übermüdet ist. Ich versuche es 20 Minuten lang mit diversen Einschlaftaktiken, gebe dann auf und rufe den Mann zur Hilfe. Der schafft es - wie so oft - innerhalb von 5 Minuten, was mich ein wenig verstimmt. Wir essen noch unseren Salat, den wir weil das Baby so müde schien stehen gelassen hatten. Dabei besprechen wir noch ein bisschen, wie schön wir das gemeinsame Wochenende fanden und wie sehr wir uns über die täglichen Fortschritte unseres Babys freuen.

19:42 Uhr: Ich schreibe den Beitrag zu Ende, der Mann sitzt auf der Couch. Auf ihn warten Tagesschau und Tatort, auf mich Dusche, Buch und Bett. Denn in dieser Nacht bin ich wieder fürs Baby zuständig - erfahrungsgemäß wird es gegen Mitternacht und gegen 4 Uhr früh nach Futter verlangen. Das heißt für mich spätestens um 21 Uhr ins Bett, damit ich insgesamt genug Schlaf bekomme.
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