24
Aug
2018

Kinderfreie Räume

Viel ist schon dazu gesagt worden, anlässlich des Rügener Restaurantbetreibers, der nach 17 Uhr keine Kinder mehr reinlässt. Ich hatte recht lange keine Meinung dazu, bis ich von einigen Eltern die Schilderungen alltäglicher Situationen las, in denen man sich immer latent unwohl und angespannt gefühlt hat aus der Sorge, die Kinder könnten irgendwen stören.

Mir ist dann auch so eine Situation eingefallen. Im Urlaub machten wir eine Wanderung mit dem 6 Monate alten Baby im Kinderwagen und kehrten zum Mittagessen in ein Restaurant ein. Das Restaurant war angegliedert an ein höherpreisiges Wellnesshotel, und der erste missbilligende Blick traf uns schon von der Rezeptionistin, als wir reingingen. Um bloß niemanden zu stören setzten wir uns auf die komplett leere Außenterrasse in eine ruhige Ecke. Der Kellner, der unsere Bestellung aufnahm war freundlich, warf einen interessierten Blick in den Kinderwagen, grinste das Baby an, das zurück grinste. Das war dort dann auch die einzige freundliche Interaktion.

Als wir bestellt hatten, kam eine Gruppe von Businesskaspern, die bei Wein zum Mittagessen ziemlich laut businesskasperten. An dieser Stelle muss ich erwähnen, dass ich an sich nichts gegen Businesskasper habe, bin ich außerhalb des Urlaubs im Erwerbsleben ja auch eine hart arbeitende Businesskasperin.

Von da aus trafen uns dann auch regelmäßig missbilligende Blicke, die sich in sehr spöttisch hochgezogene Augenbrauen und dezentes Kopfschütteln verwandelten, als ich das Baby gestillt habe. Fürs Protokoll: das Baby war bis auf leises Glucksen und leises Quäken, als es Hunger bekam superleise, der Nebentisch war deutlich lauter. Beim Stillen saß ich zu der Gruppe mit dem Rücken, hatte ein großes Spucktuch umgebunden und es war absolut null komma gar nichts zu sehen. Wahrscheinlich haben nur die Anwesenheit meines Mannes, der irgendwann böse zurück geguckt hat sowie mein chronic resting bitch face verhindert, dass ein doofer Spruch gelassen wurde.

Es war deutlich, dass die Gruppe am Nebentisch absolut der Meinung war, eine größere Daseinsberechtigung zu haben als wir. Dass die bloße Anwesenheit eines Babys ein Störfaktor ist. Und worüber ich mich im Nachhinein am meisten ärgere ist, dass ich begonnen habe mich zu stressen und Angst hatte, mein Baby könnte ja jemanden stören. Dass ich das selber so internalisiert habe, dass ich der Meinung bin, dass eine Gruppe von Businesskasparn, die selber ziemlich laut sind und überdies auch innen im Restaurant hätten Platz nehmen können irgendwie wichtiger ist als wir. Dass wir diejenigen seien, die Rücksicht zu nehmen hätten. Dass es eigentlich nicht ok ist, in einer stark touristisch geprägten Region mit einem Baby im Schlepptau in einem schöneren Restaurant entspannt zu Mittag essen zu wollen.

Ich denke das ist es, was die meisten Eltern auch so zu Recht ärgert.

Regt man sich über manspreader in der U-Bahn auf, erhält man allerlei Rechtfertigungen warum die Klöten von Männern so überaus viel Platz benötigen. Geht es um Babys in der Öffentlichkeit, wird hingegen direkt auf störendes Schreien, riesige Muttermilchbrüste die auf den Tisch gepackt werden und aus denen das Baby dann mit ekligem Schmatzen trinkt hingewiesen. Und das kanns irgendwie echt nicht sein, oder?!

In diesem Sinne: Kinder haben das gleiche Recht, öffentliche Räume einzunehmen wir jede/r andere auch. Und diese Selbstverständlichkeit sollte endlich in allen Köpfen ankommen.
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Ursa Major

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