4
Jun
2017

Schwangerschaftsbemerknisse #2

"Schon erstaunlich, was man so alles zu hören bekommt", dachte sie; "man könnte das durchaus mal auflisten, sowohl die übergriffigsten und verletzenden Sachen wie auch die schönen Sachen." Also los:

Übergriffige/verletzende Schwangerschaftskommentare:

"Sie können jetzt aber nicht von mir erwarten, dass ich mich freue!" (Chef im totalen Panikmodus)

"Du nimmst Vitamintabletten?! Chemische Vitamine in Pillenform sind aber gefährlich! Wir haben früher auch einfach nur mehr Obst und Gemüse gegessen" (Schwiegermutter)

"Du möchtest Deinen Mann bei der Geburt dabeihaben? Erspar ihm das lieber, der könnte sonst echt ein Trauma davontragen!" (Bandkollege)

"War die Schwangerschaft eigentlich geplant?" (Kollegin)

"Was, Du willst komplett auf Alkohol verzichten? Das ist doch total übertrieben, ein Glas Wein ab und zu kann doch nicht schaden" (Schwiegermutter)

"Wissen Sie schon was es wird?" (Kollege)

"Wie, Ihnen geht es nicht gut? Das sollte doch jetzt ein freudiger Zustand für Sie sein!" (Chef)

"Wie, Du bist schwanger? Ich dachte immer Du kannst Kinder nicht ausstehen!" (Kollegin)

Schöne/Hilfreiche Schwangerschaftskommentare

"Ich geb Dir nur einen Rat: Nimm keine Ratschläge an, Du weißt selber am besten was Du wie machen wirst" (Bruder)

"Ich freu mich schon so auf das Mäuschen, ich kann es kaum erwarten bis es da ist!" (Gatte)

"Oh wie schön, ein neuer Erdenbürger! Da freu ich mich ja sehr für Sie. Wegen der Arbeit machen Sie sich mal keinen Kopf, das kriegen wir für die Dauer Ihrer Elternzeit schon geregelt" (Oberchef)

"Bitte sorgen Sie sich nicht, dass Sie noch nicht zugenommen haben, das ist am Anfang ganz normal" (Gynäkologin)

"Oh wie süß! Man sieht ja schon Kopf und Arme und es bewegt sich schon!" (Gatte beim Ultraschall mit Freudentränen in den Augen)

"Du und der Gatte, Ihr seid so tolle und schlaue Menschen, Ihr werdet das zusammen bestimmt super hinkriegen!" (beste Freundin)

29
Apr
2017

Schwangerschaftsbemerknisse #1

So ist das also, dachte sie am ersten Samstag morgen, den sie seitdem sie wusste dass sie schwanger war in Ruhe zu Hause verbrachte. Ohne Familienbesuch, ohne lange Autofahrten, ohne morgendlichen Wecker. So ist das also, wenn man endlich mal ein wenig zur Ruhe kommen kann. Alles sacken lassen kann, die Überraschung des positiven Tests, die körperlichen Veränderungen, die Reaktionen der Umwelt, das jetzt schon beginnende Fremdbestimmungsgefühl. Sie hatte eigentlich noch etwas warten wollen, es sowohl der Familie als auch im Büro zu sagen, auch weil es noch so früh war - aber sie wäre sowieso aufgeflogen. Das hat man davon wenn man so eine Saufnase ist, dachte sie, dann wissen alle sofort Bescheid wenn man auf einmal nichts mehr trinkt. Und Essgewohnheiten werden in so einem kleinen Büro wie ihrem auch stets genau beobachtet...

Die überwältigende Freude, den Herzschlag des winzigen Wesens in ihrem Bauch auf dem Ultraschall zu sehen. Ein kleiner weißer Fleck, der wie wild pulsiert.

Die sich verdichtende Wahrnehmung, natürlich in erster Linie in Bezug auf Gerüche - aber auch sonst schien es ihr, als würden alle ihre Sinne trotz des permanenten Schleiers aus Müdigkeit und leichter Übelkeit doppelt so viel registrieren wie sonst. Wenigstens schien ihr Hirn auch auf Hochtouren zu arbeiten, was ihr erlaubte ihr Arbeitspensum in den Stunden, in denen sie nicht den Wunsch verspürte sich einfach auf den Büroboden zu legen und zu schlafen zu bewältigen. In gewisser Weise erwies sich der so gewonnene Zugewinn an Effizienz sogar als Vorteil.

Das Gefühl des Urvertrauens und der Stärke, das sich unmittelbar einstellte. Die Liebe zum Gefährten, die nochmal um eine Dimension bereichert wurde. Schön, dachte sie, dass mir das keine Angst einjagt, dass wir nun noch enger zusammenwachsen. Und ihm anscheinend auch nicht, dachte sie schmunzelnd und rief sich vor ihr inneres Auge zurück, wie er sich über das Ultraschallbild gefreut hat, das sie mitgebracht hatte und das er seitdem immer bei sich trug.

So ist das alles also, dachte sie versonnen, als sie an ihrem Ingwertee nippte. Mal sehen, wie das weitergeht.

11
Mrz
2014

Selbstbild/Fremdbild

"Und, gehst Du heute nach der Arbeit noch schwimmen, Schatz?" fragte er, als sie Beide am Frühstückstisch saßen.
"Ach, das kommt drauf an ob ich noch genug Geld für den Eintritt im Portmonee habe" antwortete sie gähnend, in den dicken Flauschbademantel eingemummelt, den Teebecher in der Hand.
Er schmunzelte. "Du weißt schon, dass es so Dinger an der Wand von Banken gibt, wo man seine Karte einsteckt und Bargeld rauskommt, oder?"
"Jahaaa, schon klar." Sie streckte sich, stand auf, "aber da müsste ich dann vorher noch da vorbeifahren und das wär mir dann in Kombination damit, dass ich ja auch noch den ganzen Kram zusammensuchen und mit ins Büro nehmen müsste und so wieder zu blöd".

Er strich ihr übers Haar. "Na, also Du bist mir ja ne Sportlerin". Nun musste sie grinsen: "Sportlerin? Wer, ich? Seit wann bin ich denn bitte eine Sportlerin?"
"Och, ich weiß nicht" entgegnete er liebevoll, "vielleicht seitdem Du jede Woche mindestens 3 Mal irgendwas trainierst und neulich erst einen Halbmarathon gelaufen bist?"

"Oh, richtig", dachte sie, "da war ja was. Das muss wohl dieses Dings sein mit dem Bild, das man von sich selbst hat und dem, wie einen andere sehen".

Sie hörte ihn noch von oben rufen: "Falls Du nichts mehr im Portmonee hast - ich hab noch Bargeld, dann kannst Du schwimmen gehen und musst nicht vorher noch zur Bank".

28
Nov
2013

Bekloppte unter sich #1

Ihr Trompetenlehrer war eine der wenigen Menschen, mit dem sie über ihre beginnende Behandlung sprach; auch weil es so direkt ihre Fähigkeit zum Musizieren beeinflusste.
"Na, wie gehts denn so?" fragte er wie immer zu Beginn des Unterrichts, als sie ihr Instrument auspackte. "Ach ja", antwortete sie, "ist im Moment alles ein bisschen anstrengend. Die Therapie scheint in dem Sinne zu wirken, dass sie anfängt, Dinge ans Licht zu bringen. Das ist zwar positiv zu bewerten, denn begrabene Gefühle und Erinnerungen sind die Ursache meiner Probleme, aber es wühlt nunmal sehr auf. Genau gesagt habe ich letzte Woche fast jeden Abend geheult. Oder Alkohol getrunken. Manchmal beides zusammen. Deshalb wars mit dem Üben auch nicht so furchtbar produktiv".

"Hmm, verstehe", meinte er nachdenklich. Ein paar Sekunden schwiegen sie betreten. Dann hob er seinen Blick wieder, grinste und meinte: "Also machst Du quasi Weintherapie? Du weinst, oder Du trinkst Wein - manchmal beides zusammen". "Ja, genau" lachte sie und dachte für sich still im gleichen Moment: "das finden wohl nur die Leute komisch, die sowas selber schonmal durchgemacht haben". Sie war sehr froh, sich in dem Moment voll und ganz verstanden zu fühlen.

...

"Wollen wir mal gucken, wie weit Du mit dem Stück zu Hause gekommen bist?" fragte er. "Gerne" antwortete sie. Sie begannen, sich zusammen warm zu spielen.

3
Nov
2013

Beste Freundin

Viel war nicht geblieben nach 8 Jahren seit dem Ende ihrer Freundschaft und drei Umzügen. Eine kleine Stoffkatze, ein "Mini-me" des Katers der Freundin zierte immer noch die Ikealampe auf ihrem Schreibtisch. Ob der Kater, dieses verrückte Viech, das sein Wasser lieber aus dem Spülbecken als aus seinem Napf trank, ob er wohl noch bei ihr war und noch lebte?

Beim Ausmisten hatte sie eine alte Schachtel durchgesehen - aufbewahrt in einem Karton, der von der Freundin einmal als Geschenkkarton gestaltet und schön bemalt worden war. Dort fand sie einige Postkarten, in der typischen türkisen Tintenschrift beschrieben, mit "In Liebe" und "Deine Freundin" unterzeichnet. Ein einziges gemeinsames Foto war übriggeblieben, aufgenommen auf der Abiturfeier der Freundin, eine leider unscharfe Aufnahme, auf der sie in die Kamera lachten.

"Ich hätte mehr machen müssen" wurde ihr klar. Nachdem die Freundin nach einem Treffen nicht mehr auf Mails reagierte und auch nicht mehr ans Telefon ging, hatte sie es in verletztem Stolz nach ein paar Monaten einfach dabei belassen. Schließlich wohnte sie eh inzwischen weit weg, kam nur noch ein paar Mal im Jahr in ihre Heimatstadt, und es heißt ja schließlich so schön, dass man Reisende nicht aufhalten solle, nicht wahr?

Google hatte ihr schon vor längerer Zeit verraten, dass die Freundin inzwischen auch nicht mehr in der Heimatstadt lebte, sondern woanders offenbar Kunstgeschichte studierte. "Das passt gut", dachte sie, "sie war immer schon sehr begabt in dieser Richtung, da könnte sie wirklich erfolgreich sein. Ich würde es ihr so sehr wünschen!"

Sie ließ die langen Jahre der Freundschaft, in denen sie gemeinsam so viel zusammen durchgemacht hatten, Revue passieren. So viel war passiert, sie waren so vertraut miteinander gewesen. Vielleicht eine Bindung, wie man sie nur ein paar Mal im Leben zu einem anderen Menschen aufbaut?

"Ich hätte mehr machen müssen", dachte sie. "Ich hätte es eben NICHT einfach dabei belassen sollen. Ich hätte zu ihr fahren, klingeln sollen und notfalls so lange vor ihrer Haustür warten sollen, bis sie aufgemacht hätte und wir endlich geklärt hätten, was eigentlich los war, warum sie offenbar verletzt oder sauer war und sie um Verzeihung bitten können". Sie realisierte, wie sehr ihr die Freundin immer noch fehlte.

Sie wusste nicht, ob und was sie jetzt noch mit dieser Erkenntnis anfangen konnte. Ob es nach all den Jahren jetzt wirklich zu spät war.

2
Aug
2013

Durchlässig

Es gibt diese Tage, wo alle Sinne schärfer als sonst zu sein scheinen. Wo Musik bis ins Mark dringt und für kühle Schauer sorgt, wo frisch gemähtes Gras in der Sommersonne ein Duftfeuerwerk hervorruft, wo das Auge Schönheit in Ecken sieht, in denen man nie danach suchen würde. Wo man küsst wie nie zuvor, sehnt wie nie zuvor, liebt wie nie zuvor. Als hätte jemand den Sinnenregler plötzlich von zehn auf tausend aufgedreht.

Liebe zur reinen Existenz an sich, die unfassbare Freude, lebendig zu sein und die Welt erleben, erfassen, erfühlen zu dürfen.

2
Jul
2013

Die Katze

"Was ist denn jetzt los? Das macht das Viech doch sonst nie" dachte sie ein wenig genervt, als sie mit laufendem Motor vor ihrem Stellplatz stand, auf dem die Nachbarskatze lag. Normalerweise huschte eben diese Katze bei nahenden Autos immer schnell beiseite, doch jetzt sah sie auf mit einem Gesichtsausdruck, den man nur als hochnäsig bezeichnen konnte. "Ich geh hier unter keinen Umständen weg" sagte dieser Gesichtsausdruck, und so blieb die Katze dann auch stoisch liegen.

Also ließ sie den Motor kurz aufheulen. Nichts.

Sie ließ das Fenster herunter und rief "Katze! Würdest Du bitte mal zur Seite gehen?" Die Katze leckte sich desinteressiert das Pfötchen.

Sie hupte. Ein Todesblick der absoluten Verachtung traf sie.

Seufzend stelle sie den Motor ab, stieg aus, ging zur Katze und stellte sich tadelnd vor sie hin - worauf die Katze das Pfötchenlecken wieder aufnahm. Schließlich hob sie die Katze auf und trug sie ein paar Meter weg. Das nahm die Katze dann zum Anlass, ihr den Rücken zuzuwenden und mit kerzengrade hochgerecktem Schwanz wegzuschreiten.

"Ja, Du mich auch" dachte sie kopfschüttelnd angesichts dieser nur allzu deutlichen Botschaft.

Ein wenig später traf sie die Nachbarin von nebenan, der die Katze so halb gehörte - eigentlich gehörte sie den Nachbarn von gegenüber, aber wieso sollte sich die Katze mit einem Haus begnügen wenn sie zwei haben konnte? Und zusätzlich noch diese zwei neuen Menschen, bei denen sie zwar nicht ins Haus durfte und auch nichts zu fressen bekam, aber jeden Tag ausführliche Streicheleinheiten?

Jedenfalls kraulte die Nachbarin die Katze und sagte "ooohhh, bist Du immer noch sauer?" und dann zu ihr gewandt "wir waren vorgestern noch mit ihr beim Tierarzt, weil sie schlecht gefressen hat, aber sie war einfach nur traurig weil wir eine Woche in Urlaub waren. Ihr wart ja auch nicht da, und das hat ihr wohl aus Gemüt geschlagen. Jetzt frisst sie wieder normal, aber sie ist wohl noch etwas beleidigt".

Und so löste sich ihr Ärger über die somit erklärte Parkplatzepisode in Luft auf. Abends stellte sie das erste Mal überhaupt der Katze ein Tellerchen mit Thunfisch raus, als Wiedergutmachung.
"Jaja", dachte sie, "so fängt das wohl an. Noch ein Jahr und wir lassen sie ins Haus..."

13
Mai
2013

Praga caput regni

Die Stadt, die ihre Kronjuwelen nur zu besonderen Anlässen zeigt.

Die Stadt, wo die Europaflagge nur dann über dem Regierungssitz weht, wenn der Präsident nicht zu den EU-Skeptikern gehört.

Die Stadt mit den schönsten Durchsagen in der U-Bahn.

Die Stadt, in der die Miniröcke immer eine Handbreit kürzer sind.

Die Stadt, in der Spazierengehen selbst bei Regen ein Erlebnis ist.
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