5
Aug
2018

Tagebuchbloggen August

Da ich schon seit Jahren unheimlich gerne Tagebuchblogger lese, versuche ich mich auch daran, in der Hoffnung, dass es vielleicht jemanden erfreut.

Mehr Einträge gibt es bei Frau Brüllen (wobei ich eh davon ausgehe, dass Sie von ihrer Liste hier hergefunden haben).

...

00:30 Uhr: der Mann steht mit dem Baby auf dem Arm in der Tür, Hungeralarm. Ich gehe rüber ins Kinderzimmer, stille das Baby und wunder mich, dass es so wach ist - das ist in der Nacht sonst nicht der Fall. Verständlicherweise ist der Mann, der heute Nacht zuständig ist, nicht erbaut darüber, ich zucke nur mit dem Schultern, gehe rüber ins Schlafzimmer und leg mich wieder hin. Solange ich in Elternzeit bin, kümmer ich mich nachts ums Kind - bis auf die Nacht von Samstag auf Sonntag, die ist dazu gedacht, dass ich um meine Batterien aufladen zu können in Ruhe schlafen darf und maximal ein Mal zum Stillen geweckt werde.

08:15 Uhr: Ich wache auf und fühle mich bombig. Ausgeschlafen und fit. Um mich herum herrscht Stille. Ich schleiche ins Kinderzimmer, sowohl der Mann als auch das Baby schlafen tief und fest. Der Anblick rührt mich wie so oft zutiefst und eine Welle von Flauschgefühlen überschwemmt mich. Das sagt einem ja auch keiner vorher, dass Elternsein mit so einer unfassbaren Menge schierer Liebe einhergeht. Draußen sind es jetzt schon 19° Grad, also beschließe ich, die Gelegenheit zu nutzen und laufen zu gehen. Ich fische den eigentlich schon nicht mehr tragbaren Sport-BH aus der Wäschetonne und ziehe mich an. Dabei stelle ich fest, dass meine GPS-Uhr leer ist. Allerdings lasse ich mich davon nicht stören, und so geht es mit Element of Crime auf den Ohren los.

09:00 Uhr: Ich komme vom Laufen zurück. Unterwegs bin ich gefühlt dem halben Dorf begegnet, aber dank der Kopfhörer respektiert jeder meinen Wunsch nach Ungestörtheit und so reicht ein kurzes Nicken zur Begrüßung aus. Obwohl Element of Crime sowieso und das Album "Die schönen Rosen" insbesondere so ziemlich das Gegenteil von fröhlich und aufbauend sind, könnte meine Laune nicht besser sein. Die beiden Dornröschen liegen immer noch im Tiefschlaf, also bin ich leise und ziehe mich mit Orangensaft und Cappuccino auf die Terrasse zurück. Ich logge mich in mein Blog ein, versuche rauszufinden ob ich wenn ich es wieder aktiviere so ein Datenschutzverordnungs-Klicksdingsi brauche oder nicht, kann die Frage nicht klären und beschließe, es einfach erstmal drauf ankommen zu lassen. Wird mich schon niemand abmahnen.

09:40 Uhr: Der Mann kommt mit dem Baby runter. Mir wird berichtet, dass die Nacht ziemlich schlecht war, wahrscheinlich weil es zu warm war. Das Baby ist zwischendurch knatschig gewesen und musste vom Mann mit Schnuller und Tragen beruhigt werden. Es war um fünf Uhr endgültig wach, allerdings wollte es um halb acht wieder schlafen, woraufhin sich der Mann ebenfalls wieder hingelegt hat. Der zweistündige tiefe, ungestörte Schlaf hat den beiden dann auch die Laune gerettet und so lachen mich zwei braune Augenpaare freudig an. Ich habe von dem nächtlichen Tumult nichts mitbekommen. So viel dazu, dass Mütter es angeblich immer hören wenn ihre Babys nachts weinen - ich höre mit Ohrstöpseln und durch zwei geschlossene Türen gar nichts.

Der Mann füttert das Baby und macht Frühstück mit Aufbackbrötchen, wir essen auf der noch angenehm temperierten Terrasse. Das Baby stecken wir solange in das leere Planschbecken mit etwas Spielzeug. Tatsächlich beschäftigt es sich dort eine Viertelstunde bevor es anfängt, über den Rand klettern und ausbüxen zu wollen.

10:30 Uhr: Der Mann schlägt vor, mit dem Baby einen Spaziergang im Wald zu machen bevor es dafür zu heiß wird. Ich verschiebe das Duschen und so gehen wir sofort los, das Baby wird vom Mann im Baby Björn mit dem Kopf nach vorne getragen damit es was sehen kann. Das kommt sehr gut an und es lacht und grinst den ganzen Spaziergang, bis ihm gegen Ende die Augen zufallen und es noch ein Mininickerchen einlegt. Ich hatte ja so meine Zweifel und finde auch, dass der Kleine darin nicht sehr ergonomisch sitzt, aber die Ergobabytrage, die wir auch besitzen lässt keine Sitzposition nach vorne zu. Für die 40 Minuten, die wir unterwegs waren wird es schon okay gewesen sein. Der "Spaziergang" ähnelte übrigens eher einem kleinem Marsch, die meiste Zeit flott bergauf und ich spüre, dass ich vorher schon laufen war. Eigentlich müsste ich nach 13,5 Jahren Beziehung wissen, dass ein "Spaziergang" mit meinem Mann immer in Anstrengung ausartet, aber es erwischt mich dennoch ständig. Unterwegs fragen wir uns, ob womöglich bei unseren Nachbarn deren Sohn mit Frau und frischem Baby zu Besuch ist, weil ein Auto mit dem Kennzeichen der Großstadt, in der sie wohnen vor der Tür steht. Die Nachbarin hatte mir erzählt, dass es ihrer Schwiegertochter nach der Geburt nicht so gut ging und wir vermuten, dass die aufs kühlere Land geflüchtet sind. Der Mann und ich würden unheimlich gerne beide das Baby gucken gehen und wir fragen uns, wie wir das ganz unauffällig bewerkstelligen könnten. Ein ganz zufälliges Vorbeischlendern bringt leider nicht den gewünschten Erfolg. Der Mann schlägt vor, dass ich der Nachbarin unter einem Vorwand whatsappen könnte, was ich allerdings ablehne da ich vermute, dass es der Schwiegertochter nicht gut geht und diese ihre Ruhe haben möchte.

12:00 Uhr: Wir sind zurück, ich gehe endlich unter die Dusche. Danach lasse ich die Waschmaschine laufen. Unten spielt der Mann mit dem Baby, ich geselle mich dazu. Sehr beliebt sind die Spiele "auf den Papa klettern und ihm an Bart und Nase ziehen" sowie "Mama zaubert sich mit dem Spucktuch weg und erscheint dann wieder" und "wir kuscheln alle drei miteinander". Fröhliches Babygelächter erfüllt den Raum und wieder wird mir ganz warm ums Mutterherz. Auch der Mann freut sich. Zwischendurch stille ich.

14:00 Uhr: Das Baby ist unübersehbar müde, gähnt und fällt beim Spielen mehrmals um. Der Mann kann es mit einem Liedchen und umhertragen davon überzeugen, dass ein Schläfchen eine gute Idee wäre und legt es in sein Bettchen. Wir nutzen die Pause ebenfalls und ziehen uns ins Schlafzimmer zurück.

15:00 Uhr: Der Mann geht runter, macht die Spülmaschine leer und räumt in der Küche auf. Wir essen zusammen zu Mittag, ich hole Wäsche rein und hänge die fertig gelaufene draußen auf. Dabei merke ich, wie unterträglich heiß es mittlerweile ist.

15.30 Uhr: Das Baby wacht auf. Ich setze es in seinen Hochstuhl und wage ein Experiment: Es bekommt das erste Mal Fingerfood. Der angebotene Babyzwieback wird ausdauernd angelutscht, in Nanoteilchen zerlegt und ca. zur Hälfte gegessen, die gekochte Kartoffel verschmäht und wieder ausgespuckt. Die weich gedünsteten Möhrensticks kommen hingegen ganz gut an, er greift sie sich in der Faust und knabbert sie weg. Da er allerdings in 30 Minuten nur einen halben Keks und drei Möhrensticks schafft (was für das erste Mal wahrscheinlich ganz gut ist) ist er dann doch frustriert weil noch sehr hungrig und er bekommt noch etwas Gemüserisottobrei sowie Obstbrei. Ich bin danach schweißgebadet weil ich ständig befürchtet habe, das Baby könnte am Fingerfood ersticken und stolz auf mich, dass ich es dennoch ganz ruhig habe ausprobieren lassen. In der Zwischenzeit putzt der Mann oben das Badezimmer.

16:00 Uhr: Im Haus wird es langsam leider ziemlich warm. Unsere Wärmepumpe läuft zwar schon im umgekehrten Modus und beschickt die Fußbodenheizung mit kühlen Wasser, allerdings arbeitet hier die Physik gegen uns, da kalte Luft bekanntlich nicht von selber nach oben steigt, so dass sich eine Schichtung einstellt. Deswegen fahre ich in mein Büro, wo ich unseren uralten Ventilator vermute. Ich finde ihn tatsächlich, er funktioniert auch noch und wird im Kinderzimmer aufgestellt. Im Auto höre ich aus lauter Trotz das Weihnachtsalbum aus AllyMcBeal. Zurückgekehrt setze ich mich an den Rechner und fange den Blogeintrag an, der Mann bespaßt das Baby, das auf die Temperaturen offenbar auch so langsam keinen Bock mehr hat und teils ein bisschen knatschig wird. Ich berichte, dass bei den Nachbarn jetzt noch ein weiteres Auto steht, allerdings mit hiesigem Kennzeichen. Wir überlegen, wem es wohl gehören könnte.

17:45 Uhr: Ich gehe nach oben und übe ein wenig Saxophon. Anfang September spielen wir einen Gig und ich muss unbedingt meinen Ansatz wieder in eine bessere Form bringen. Allerdings ist es mit dem Baby sehr schwierig, zu üben. Der Ventilator scheint etwas zu helfen, im Kinderzimmer sind es 26°C.

18:20 Uhr: Ich bin fertig mit Üben. Meine Sorge, dass ich mich im September blamieren könnte ist wieder etwas gemindert. Unten sitzen der Mann und das Baby in der Küche und der Kleine bekommt seinen Abendbrei. Ich bereite unser Abendessen zu, muss nur die Koteletts, die ich gestern für zwei Tage gemacht habe aufwärmen. Dazu gibt es Salat und Baguette.

18:50 Uhr: Wir bringen das Baby hoch, das ausführlich gähnt und vor lauter Müdigkeit umfällt. So zumindest die Theorie, denn nach dem Abendritual, also wickeln, umziehen, Liedchen vorsingen und stillen kann es nicht in den Schlaf finden. Es liegt erst ruhig da und ich denke, ich hätte es geschafft, bis es sich dann wieder hochstemmt, von der einen Seite auf die andere dreht, hinsetzt, im Bett rumkrabbelt... dabei fällt immer wieder der Kopf auf die Matraze. Wie so oft abends. Die gängigen Schlafratgeber widersprechen sich, der eine meint das heißt das Kind sei noch nicht müde genug, im anderen wird nahegelegt dass es ein Anzeichen dafür wäre, dass das Kind schon übermüdet ist. Ich versuche es 20 Minuten lang mit diversen Einschlaftaktiken, gebe dann auf und rufe den Mann zur Hilfe. Der schafft es - wie so oft - innerhalb von 5 Minuten, was mich ein wenig verstimmt. Wir essen noch unseren Salat, den wir weil das Baby so müde schien stehen gelassen hatten. Dabei besprechen wir noch ein bisschen, wie schön wir das gemeinsame Wochenende fanden und wie sehr wir uns über die täglichen Fortschritte unseres Babys freuen.

19:42 Uhr: Ich schreibe den Beitrag zu Ende, der Mann sitzt auf der Couch. Auf ihn warten Tagesschau und Tatort, auf mich Dusche, Buch und Bett. Denn in dieser Nacht bin ich wieder fürs Baby zuständig - erfahrungsgemäß wird es gegen Mitternacht und gegen 4 Uhr früh nach Futter verlangen. Das heißt für mich spätestens um 21 Uhr ins Bett, damit ich insgesamt genug Schlaf bekomme.
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