10
Okt
2012

Der Zeiterfassungscomputer

Früher, als sie noch ganz neu in der Firma war, gab es Karten mit Magnetstreifen. Jeden Morgen zu Arbeitsbeginn und nach Feierabend wurden sie durch einen Schlitz an einem vorsintflutlich anmutenden Kasten gezogen, es piepte kurz, und die Anwesenheit wurde auf einem für das niedere Fußvolk nicht zugänglichen Server gespeichert. Aber als mehr und mehr Karten kaputt gingen und nicht ersetzt werden konnten, weil die Herstellerfirma schon längst in Konkurs gegangen war, musste eine andere Lösung her. Das niedere Fußvolk sollte nun die Anwesenheitsfunktion der Produktivitätssoftware verwenden. Dies führte beim niederen Fußvolk zu leisem Murren, hieß es doch, dass man jeden Tag die Minuten, die zwischen Betreten des Gebäudes, Hochfahren des Rechners, dem ersten Klick sowie dann nach Feierabend dem zweiten Klick, Runterfahren des Rechners und dem Verlassen des Gebäudes vergingen, verschenkte.

Als das Murren größer und größer wurde, entschloss sich die Obrigkeit, dass das so tatsächlich nicht weitergehen könne. Man berief eine große Versammlung ein und versprach, es würde bald alles viel besser werden, man werde ein neues System anschaffen, dass nicht nur berührungsfrei mit Chips arbeiten, sondern sogar mit der Produktivitätssoftware sprechen und damit Urlaubstage, Kranktage, Dienstreisen und mehr verwalten könne. Das Fußvolk mochte das nicht direkt glauben, war es doch von der Obrigkeit an leere Versprechen gewöhnt. Doch nach ein paar Tagen begannen fleißige Handwerker tatsächlich damit, Kabel zu verlegen, die Wand aufzustemmen - und eines Morgens hing dort ein neuer kleiner Zeiterfassungscomputer. Er glänzte und strahlte, und auch das Fußvolk bewunderte ihn gebührlich. Die Obrigkeit erklärte, es sei nur eine Frage von Tagen, bis er tatsächlich in Betrieb genommen werden und all die noblen Aufgaben verrichten sollte, für die er bestimmt war.

Das war vor 3 Jahren.

"Manchmal", dachte sie, während sie ihren Kaffee trank - schwarz, denn die Milch war wieder mal aus und niemand hatte für Nachschub gesorgt - "manchmal glaube ich, dieser Kasten ist das Sinnbild für alles, was in dieser Firma falsch läuft." Als sie nach Hause ging, schaute sie sich verstohlen im Flur um, ob sie auch niemand beobachtete, holte ein feuchtes Tuch aus ihrer Tasche, wischte die dicke Staubschicht von dem kleinen Zeiterfassungscomputer und tätschelte ihn kurz, damit er sich nicht mehr ganz so traurig fühlte.

Nun denn...

Nachdem ein gewisser jemand mehrfach geäußert hat, wie schade es wäre, dass ich nichts mehr schreibe hier nun der Anfang. Was draus wird - wir werden sehen.
logo

Ursa Major

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Tagebuchbloggen Januar
Huch, es ist schon wieder der fünfte und die Frau Brüllen...
Ursa Major - 5. Jan, 21:35
Über Babyschlaf
Es folgt ein weiterer Beitrag aus der Reihe unqualifizierte...
Ursa Major - 6. Dez, 13:59
Tagebuchbloggen Dezember
Es ist der fünfte und Frau Brüllen möchte wieder wissen,...
Ursa Major - 6. Dez, 09:02
Das Beste fürs Kind
Ich muss mal wieder was zum Thema Elternsein loswerden. Viele...
Ursa Major - 26. Okt, 22:16
Was man wirklich fürs...
Da mir häufiger Beiträge dieser Art begegnen, gebe...
Ursa Major - 9. Sep, 20:22

Meine Abonnements

Grundsätzliches

Suche

 

Status

Online seit 4213 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 5. Jan, 21:43

Credits


Bildliches
Gedanken
Geschichten
Lyrisches
Tagebuchbloggen
Unsinn
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren